Schlusskonzert

«Winterreise» von Franz Schubert und Werke von Morten Lauridsen mit den Chören der Chorwoche Braunwald

Sa 9. August

19.00 Uhr
Bebié-Halle (Linthkraft Stiftung), Linthal

Chöre der Chorwoche
Andrea Fischer, Leitung
Francisco Santos, Co-Leitung
Rahel Sohn, Klavier
Chasper-Curò Mani, Bariton

Die «Winterreise» zeichnet viel weniger ein Klangbild eines saisonalen Klimas als eine menschliche Erfahrung schmerzlicher Kälte in Form von Ablehnung, Ausgrenzung, Einsamkeit. So übertragen wir das Werk in der Musikwoche Braunwald 2025 in die helle, warme, befreiende Sommerjahreszeit, in der gerade in der Bergwelt paradoxerweise alles schmilzt und auflebt. Fördert das Schmelzwasser auch in uns Jahr für Jahr erstarrte Emotionen zu Tage - im Aufleben unserer Lebendigkeit, aber auch im sich jährenden, spürbaren Wegrücken des Menschen von unserer Natur? 

Normalpreis: CHF 55.-



Programm


Franz Schubert

Winterreise, arrangiert für Chor, Klavier und Bariton von Gregor Meyer

Morten Lauridsen

Werke für Chor a cappella sowie Chor und Klavier aus „Les Chanson des roses“ (1993) und „Nocturnes“ (2005)

Franz Schuberts Winterreise gehört zu den wegweisendsten Liederzyklen der Musikgeschichte. Als lyrische Grundlage diente Schubert der 1823 erschienene Gedichtband „Winterreise. Ein Cyclus von Wanderliedern“ von Wilhelm Müller, welchen Schubert ein Jahr vor seinem Tod 1827 vertonte.

 „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh’ ich wieder aus“ – mit diesen Versen beginnt die Winterreise. Die zentrale Figur ist ein einsamer Wanderer, welcher nach einer gescheiterten Liebe ohne Ziel und Hoffnung hinaus in die Winternacht zieht. Immer wieder blickt er zurück und schwelgt in Erinnerungen an glückliche Tage. Innerhalb des Zyklus lässt sich kein durchgehender Handlungsstrang erkennen. Es handelt sich um einzelne Einblicke in die Seelenzustände des jungen Wanderers. Hin- und hergerissen zwischen Verbitterung, Hoffnung und Todessehnsucht schwankt er von einem Gefühlsextrem ins andere. Die winterliche Landschaft wird zum Abbild innerer Erstarrung. Doch bäumen sich Körper und Geist immer wieder gegen die existentiellen Bedrohungen auf, und die schmerzvoll verhärtete Seele beginnt im Spiegel liebevoller Erinnerungen zu schmelzen, wird weicher und durchlässiger. Romantisch geprägte Naturmetaphern lassen in die aufgewühlte Seele des Wanderers blicken, der - ähnlich dem Leiermann im zyklusschliessenden Stück - „barfuss“ und damit verwundbar der Kälte ausgeliefert „hin und her“ wankt. Die emotionale Fragilität des Wanderers wird immer stärker spürbar: Die Eisschicht ist trügerisch – sie mag starr sein an der Oberfläche, in der Tiefe jedoch murmelt das Wasser laut brodelnd, gefährlich aufgewühlt… Hält das Eis einem weiteren Schritt seiner Wanderung stand? 

„Das Werk ist tonsprachlich, dramaturgisch und in der Behandlung von Gesang und Klavier formvollendet und bedarf im Grunde keiner Erweiterung“, so Gregor Meyer, Leiter des Gewandhauschores Leipzig. Er erarbeitete dennoch 2017 eine Fassung für Bariton Solo, gemischten Chor und Klavier und versuchte im Sinne des antiken Theaterchores die Gefühlswelt des lyrischen Ichs kommentierend auf eine erweiterte Projektionsfläche zu übertragen, ohne die Stellung des Protagonisten zu stören. Zudem bot dieses Konzept die Möglichkeit, den Liederzyklus als musikalischen Meilenstein einem breiteren musikalischen Kreis zugänglich zu machen. 

Für das Abschlusskonzert der Braunwalder Chorwoche treffen wir eine Auswahl aus den 24 Stücken, wobei die verschiedenen Chorgefässe - Hauptchor, Vokalensemble, Tuttichor – den Weg der Winterreise zusammen begehen. Einige Lieder werden solistisch vom Bariton Chasper-Curò Mani gesungen. Am Klavier spielt Rahel Sohn.

Morten Lauridsen - Werke für Chor a cappella sowie Chor und Klavier aus „Les Chanson des roses“ (1993) und „Nocturnes“ (2005)

Morten Lauridsens (*1943) Liebe zu den bildhaften, tief empfindsamen Gedichten Rainer Maria Rilkes liess ihn diese mehrfach für Chor vertonen:

Rilke schrieb Les chansons des roses 1924 /im Château de Muzot im Wallis. Darin taucht die Rose als Symbol der Liebe auf, aber auch als Metapher für die menschliche Seele, die in ihrer Tiefe und Komplexität betrachtet werden soll. Die Rose strebt in ihrer Vollkommenheit gern 'gen Aussen, obschon sie selbstgenügsam in sich verweilen könnte. Dies spiegelt den Zustand eines Liebenden, der in seiner Hingabe ganz aufgeht - ja, daran vergeht? In der Sammlung „Nocturnes“ lässt uns Rilkes Sprache und Lauridsens Musik in den Kosmos der (Sommer-)Nacht eintauchen: die Nacht zieht auf als Rückzugsort, aber auch als Ort des Verlorengehens, des Sich Entferners von der realen Welt, um in eine tiefere, innere Welt einzutauchen. Rilke beschreibt sinnlich, wie das lyrische Ich sich mit der Nacht vereint, als ob es Teil davon wird. Diese Ver-schmelzung mit der Natur, aber auch das Abgetrenntfühlen davon sind Themen, welche in der anschliessend erklingenden Winterreise wieder aufgegriffen werden.